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Persönlichkeitsstörungen, zum Beispiel Borderline-Störung

Unsere Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie ist eine anerkannte Behandlungseinrichtung für ein spezielles Therapieprogramm, das sich an Patient*innen wendet, die an der Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden. Bundesweit gehört die Klinik damit zu den wenigen Einrichtungen, die sowohl für den stationären Bereich als auch für den tagesklinischen Bereich über diese Anerkennung verfügen.

Therapieverfahren

In unserer Klinik kommt das Therapieverfahren „Dialektisch Behaviorale Therapie“ (DBT) zum Einsatz: 

Die Besonderheit des verhaltenstherapeutischen (behavioral) Verfahrens besteht im Wechselspiel (dialektisch) einer annehmenden, verstehenden und fördernden Haltung der Therapeut*innen und gleichzeitiger Forderung nach Veränderung, u. a. durch Einüben hilfreicher Fertigkeiten zur Entwicklung alternativer Verhaltensweisen. Die Patient*innen gewinnen im Laufe des Behandlungsprozesses Erkenntnisse über ihr aktuell auftretendes Problemverhalten sowie dessen Ursachen und Entstehung. Gleichzeitig werden sie angeleitet, neue Verhaltensstrategien zu entwickeln, die ihnen einen besseren Umgang mit problemauslösenden Situationen ermöglichen.

Für Chefarzt Dr. med. Matthias Heyng liegen die Vorteile des Therapieverfahrens eindeutig auf der Hand: „Unsere Patient*innen erleben, dass sich die Anzeichen für ihre Erkrankung, insbesondere auch dramatische Verhaltensweisen wie selbst-verletzendes Verhalten oder Suizidversuche sehr schnell reduzieren. Damit profitieren sich dank der DBT schneller von einer Steigerung ihrer Lebensqualität.“

Im Vergleich zu anderen, vor allem herkömmlichen Therapieformen, habe sich außerdem gezeigt, dass DBT einen lang anhaltenden Therapieerfolg ermöglicht.
Chefarzt Dr. med. Matthias Heyng erläutert die Besonderheit des Anerkennungsverfahrens: „Unsere Tagesklinik ist schon seit Februar 2010 als DBT-Therapieeinheit anerkannt. Nun erfüllen wir auch für den stationären Bereich die hohen Anforderungen des Dachverbandes DBT.“ Dazu gehören unter anderem aufwändige Fortbildungsseminare, die sich an die verschiedenen Berufsgruppen der Klinik (z. B. Ärzt*innen, Psycholog*innen, Sozialpädagog*innen und Pflegekräfte) richten und eine regelmäßige Betreuung durch akkreditierte externe Supervisor*innen. Hinzu kommt der Nachweis eines vielfältigen und intensiven Therapieangebotes für die Patient*innen.

Zukünftig ergänzen sich die DBT-Angebote bei uns am UKM Marienhospital aus dem stationären und tagesklinischen Bereich. Bereits vor Beginn der Behandlung kann eine Entscheidung getroffen werden, ob die Patient*innen eine vollstationäre Behandlung benötigen, oder aber eine tagesklinische Behandlung sinnvoller ist. Darüber hinaus können insbesondere diejenigen Patient*innen von der erweiterten Therapiemöglichkeit profitieren, die nach dem mehrwöchigen stationären Aufenthalt noch einer anschließenden Therapie in einer Tagesklinik bedürfen.

Im Gegenzug besteht für Tagesklinik-Patient*innen, bei denen während der Behandlung eine Krisensituation auftritt, die Möglichkeit, sofort in den stationären Bereich übernommen und dort mit demselben Therapiekonzept aufgefangen werden zu können.

Was ist die Borderline-Persönlichkeitsstörung und was leistet DBT?

Oft leiden Borderline-Patient*innen unter einer starken inneren Anspannung. Sie haben Schwierigkeiten, unangenehme und starke Gefühle zu steuern und Zustände innerer Anspannung zu regulieren. Sie greifen dann auf Verhaltensweisen zurück, die für sie nicht hilfreich oder sogar schädigend sind, bis hin zu selbstdestruktivem Verhalten in Form von Selbstverletzungen oder Suizid.

Die Ursprünge der Störung reichen oft bis in die frühe Kindheit oder Jugend. Ein beträchtlicher Teil der Patient*innen war Gewalt oder Traumatisierungen ausgesetzt. Zur Bewältigung dieser schwierigen Situationen haben die Betroffenen oft Strategien erlernt, die ihnen zwar kurzfristig Stabilität gegeben habe, langfristig verhindern diese Strategien aber die Entwicklung eines stabilen inneren Selbstbildes sowie das angemessene Ausleben von Gefühlen und Impulsen. Diese Problematik hat dann auch erhebliche Auswirkungen auf die Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen. Wegen der erheblichen Probleme der Gefühlsregulation geht es in der Therapie darum zu trainieren, flexibel auf neue Schwierigkeiten zu reagieren. Dafür lernen die Patient*innen Fertigkeiten, ihre eigenen Gefühle wahrzunehmen und sie angemessen einzusetzen bzw. sich emotional mitzuteilen.

Wesentliche Grundlage der Behandlung ist die Gestaltung der therapeutischen Beziehung, die zu einer ausgewogenen Balance führen soll zwischen Akzeptanz (Validierung) des aktuell auftretenden Problemverhaltens einerseits sowie Änderung des Verhaltens andererseits (dialektische Grundhaltung). Dabei werden die Therapieziele vor der Behandlung festgelegt.

Ein weiterer Kernbereich der DBT ist das Training von neuen Fertigkeiten (Skills). Das Fertigkeiten-Training besteht aus fünf Modulen, die in Gruppenarbeit und auch interaktiv am Computer bearbeitet werden:

  • Innere Achtsamkeit:
    Die Patientin/Der Patient lernt sich zu zentrieren. Dies hilft ihr/ihm, ihre/seine gegenwärtige Situation wahrzunehmen und zu verstehen, ohne sie direkt zu bewerten.
  • Bewusster Umgang mit Gefühlen:
    Die Patientin/Der Patient lernt Gefühle zu erkennen und zu steuern. Dies hilft ihr/ihm in Problemsituationen, angemessen reagieren zu können.
  • Stresstoleranz:
    Die Patientin/Der Patient lernt schwierige Situationen und Stress auszuhalten. Dies hilft ihr/ihm, die negativen Folgen seines problematischen Verhaltens zu vermeiden.
  • Selbstwert:
    Die Patientin/Der Patient gewinnt Selbstvertrauen und Selbstakzeptanz.
  • Zwischenmenschliche Fertigkeiten:
    Die Patientin/Der Patient erweitert ihre/seine sozialen Kompetenzen.

Wie läuft die Therapie ab?

Zu Beginn der Behandlung wird ein schriftlicher Behandlungsvertrag geschlossen, in dem die wesentlichen Bedingungen für die Therapie festgehalten sind. Bei Behandlungsbeginn erstellen die Patient*innen eine schriftliche Eingangs-Verhaltensanalyse. Während der Therapie führt die Patientin/der Patient ein Tages-(Diary-Card) und Wochenprotokoll. Diese Elemente sind ein wesentlicher Bestandteil der Therapie. Es wird das Problemverhalten genauestens beschrieben, auch unter Berücksichtigung der emotionalen, gedanklichen und körperlichen Aspekte. Die dabei auftretenden Anfälligkeitsfaktoren werden identifiziert und die positiven wie negativen Konsequenzen des Problemverhaltens beschrieben. Daraus ergeben sich vorbeugende Strategien für problematische Situationen sowie Lösungsansätze für den Einsatz vorhandener oder zu erlernender Fertigkeiten (Skills). Die Protokolle dokumentieren auch die bisher erreichten Therapieziele. Diese Unterlagen werden regelmäßig mit den Therapeut*innen besprochen.

Zusammengefasst besteht das wöchentliche Therapieangebot aus:

  • einer Stunde DBT-Einzeltherapie
  • 2 x Skillsgruppe (Skillsvermittlung und Hausaufgaben- und Protokollbesprechung)
  • 1 x psychoedukative Basisgruppe
  • Imaginations- und Achtsamkeitsübungen, Entspannungsverfahren
  • einer Stunde regelgeleitete Selbsthilfegruppe
  • regelmäßigen Einzelgesprächen mit den DBT-Bezugspfleger*innen zum Skillscoaching
  • Beratung durch den Sozialdienst zur Planung und Vorbereitung der sozialen, wirtschaftlichen und/oder beruflichen Perspektiven
  • Ergo- und Sporttherapie (ggf. Physiotherapie, Rückenschule, Bewegungsbad nach Anordnung) und wöchentlicher Facharztvisite

In unserer Tagesklinik findet die Behandlung werktags bis zum Nachmittag statt, im stationären Bereich wird eine „Belastungserprobung“ am Wochenende im häuslichen Umfeld mit Übernachtung zu Hause empfohlen.

Die Dialektisch Behaviorale Therapie (DBT) ist ein verhaltenstherapeutisches, störungs-spezifisches Behandlungskonzept zur Therapie von Patient*innen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS), Störungen der Emotions- u. Affektregulation, der Impulssteuerung und posttraumatischer Störungen.

Entwickelt wurde die DBT in den 1990er Jahren von der amerikanischen Psychologin und Klinikleiterin Prof. Marsha M. Linehan. Ursprünglich war das Konzept Grundlage für die Behandlung chronisch suizidaler Patient*innen. Mittlerweile hat sich die Methode im stationären, tagesklinischen und ambulanten Behandlungsrahmen weltweit zur Behandlung der oben genannten Störungsbilder etabliert und bewährt. Neben Elementen aus der kognitiven Verhaltenstherapie umfasst das Konzept Aspekte aus Sozialpsychologie, Neurobiologie und Achtsamkeitsmeditation. Zusätzlich zu den oben genannten Störungsbildern leiden die betroffenen Menschen häufig unter weiteren Erkrankungen wie Depressionen, Angsterkrankungen, psychosomatischen Körperbeschwerden oder Essstörungen.

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